Altersarmut von Frauen in der Pension
Wenn sich die Leistungen eines Lebens am Ende nicht auszahlen – Altersarmut von Frauen in der Pension
Katharina Z. ist 69 Jahre alt, sie hat ihr Leben lang gearbeitet. In Teilzeit, weil sie zuerst die Kinder versorgt und dann die Schwiegereltern gepflegt hat. Katharinas Mann hat gut verdient, aber vor vier Jahren hat er sie verlassen. Nun muss sie mit 972 Euro Pension auskommen. Damit liegt Katharinas monatliches Einkommen deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.328 Euro. Und sie ist damit nicht alleine, denn Altersarmut ist weiblich.
Der Gender Pay Gap (Einkommensunterschied) zwischen Männern und Frauen beträgt 2020 in Österreich 18,9 %. Der Gender Pension Gap (Pensionsunterschied) beträgt 2020 42,1%. Es drängen sich zwei Frage auf: Warum gibt es überhaupt diesen Unterschied zwischen den Geschlechtern? Warum vergrößert er sich im Laufe des Lebens? Die Antwort ist bekannt: Frauen wird nach wie vor die Verantwortung für unbezahlte Sorgearbeit von der Gesellschaft zugewiesen und dies wirkt sich massiv auf die eigene Pension aus.
Der Equal Pension Day fällt in Niederösterreich schon auf den 31 Juli 2022
Selbst die durchschnittliche Pension von Frauen liegt mit 1.150 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle und somit weit unter dem monatlichen Einkommen, das für einen angemessenen, wenn auch bescheidenen Lebensstil zur Verfügung stehen sollte (1.459 Euro).[1] Frauen erhalten damit um 42 % weniger Pension als Männer und sind dreimal so häufig von Altersarmut betroffen. Der Equal Pension Day fällt in diesem Jahr in Niederösterreich auf den 31.7, österreichweit auf den 3. August - was bedeutet, dass Männer an diesem Tag bereits so viel Pension erhalten haben, wie Frauen bis zum Jahresende erhalten werden.
Finanzentscheidungen im Laufe eines Lebens
Viele Entscheidungen, die Frauen im Laufe ihres Lebens treffen, haben Auswirkungen auf die Pensionshöhe: die Berufswahl und die damit verbundene Höhe des Einkommens, Karenzzeiten, die Übernahme der unbezahlten Versorgungsarbeit für Kinder und Angehörige und die damit verbundene Reduktion der bezahlten Arbeitsstunden.
Diese Entscheidungen werden oft aufgrund von gesellschaftlichen Rollenerwartungen gefällt. Frauen übernehmen selbstverständlich das unbezahlte Familienmanagement zu ihrem finanziellen Nachteil. „Vielen Frauen ist nicht bewusst, wieviel sie arbeiten – im Beruf und in der Familie – und wie wenig sie für diese Leistungen im Gegensatz zu ihren Männern erhalten“, so Romana Steiner, Beraterin in der Frauenberatungsstelle wendepunkt.
Benachteiligung durch gesellschaftliche Strukturen
Die Versorgung von Kindern und Angehörigen darf keine Selbstverständlichkeit sein. Die Verantwortung des Familienmanagements liegt bei beiden Eltern zu gleichen Teilen und in diesem Sinne sind auch Männer in der Pflicht, diese Tätigkeiten zu übernehmen. Zusätzlich braucht es ein Umdenken bei Arbeitgeber:innen, dass sowohl Frauen als auch Männer länger in Karenz gehen oder Pflegefreistellung in Anspruch nehmen können. Es gibt auch individuelle Maßnahmen, die Eltern setzen können, um ein finanzielles Gleichgewicht herzustellen, so z.B. den Familienbonus als Altersvorsorge für die Pflegearbeit leistende Person zu verwenden oder das Pensionssplitting, bei dem der besserverdienende Elternteil dem anderen Elternteil Pensionsbeiträge auf das Pensionskonto gutschreiben lässt. Ebenso ist die Politik gefordert strukturelle Maßnahmen zu setzen, damit die unbezahlte Care-Arbeit als wichtiger gesellschaftlicher Wert gesehen wird und nicht weiter zu Lasten von Frauen geht.
Finanzkompetenz und Selbstbestimmung
„Wir sehen in unserer Arbeit, dass die Barrieren für Frauen, sich mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen häufig besonders hoch sind. Um diese abzubauen, begleiten wir sie mit niederschwelligen und lebensnahen Bildungsformaten“, so Lena Gugenberger, Expertin für Finanzbildung bei Three Coins. Neben konkreten Angeboten für Frauen, mit denen sie ihre Finanzkompetenz stärken und dadurch ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben führen können, braucht es Verbesserungen auf struktureller Ebene. „Gerade in einer Zeit, in der die Zahl der Femizide einen traurigen Höhepunkt erreicht, ist es wichtig zu betonen, dass finanzielle Unabhängigkeit auch ein Mittel der Gewaltprävention ist. Frauen, die ein eigenes Einkommen haben, ist es z.B. leichter möglich, eine eigene Wohnung zu beziehen“, so Teresa Janker, Beraterin im Frauenhaus wendepunkt.
Projekt Geldheldinnen: selbstbestimmte Finanzenentscheidungen
An diesem Punkt, der „Stärkung von Frauen – setzt das Projekt Geldheldinnen an, das der wendepunkt gemeinsam mit dem Sozialunternehmen Three Coins und dem Land Niederösterreich umsetzt. In einer niederösterreichweiten Umfrage wurden Frauen gefragt, wie sie ihre Finanzkompetenz einschätzen und was sie brauchen würden, um selbstbestimmtere Finanzentscheidungen fällen zu können. Aus den Ergebnissen der Umfrage werden in einem zweiten Schritt Maßnahmen abgeleitet und maßgeschneiderte Bildungsformate entwickelt, damit möglichst viele Frauen in Niederösterreich finanziell unabhängig und selbstbestimmt agieren können.
In der Frauenberatungsstelle wendepunkt wird das Thema Finanzen oft von den Beraterinnen eingebracht. „Das Ansprechen des Themas ‚Geld‘ ist ein erster wichtiger Schritt, der Frauen ermutigt, Barrieren abzubauen und sich bewusster mit ihren Finanzen auseinanderzusetzen“, führt Claudia Prudic, psychosoziale Beraterin der Frauenberatungsstelle wendepunkt, aus. Daher ist es dem Verein wendepunkt ein Anliegen, mit diesem Projekt Frauen zu ermutigen, ihre „Selbstverständlichkeiten“ zu hinterfragen, die eigene finanzielle Absicherung in den Blick zu nehmen und im Sinne der eigenen Pension im Laufe ihres Lebens selbstbestimmte Entscheidungen zu fällen.
Weitere Informationen zum Projekt Geldheldinnen finden Sie unter www.wendepunkt.or.at/geldheldinnen.
[1] https://www.schuldenberatung.at/fachpublikum/news/2021/06/RefBud2021.php
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